Geschichten

Corona - ein Blick zurück mit René Rehbein

René ist ein 35 Jahre junger Mann, der direkt nach dem Bau der Wyenhütte 2009 dort eingezogen ist. Er lebt in einer gemischten Wohngruppe unterschiedlicher Menschen. Er hat sich seine großen Räumlichkeiten, die leicht verwinkelt angeordnet sind, in Wohn-und Schlafbereich aufgeteilt, wobei seine Kleiderschränke einen kleinen Flur zur Tür hin bilden. Sein Apartment wirkt sehr ordentlich und alles scheint seinen Platz zu haben. Es ist passend zur Jahreszeit dekoriert und in hellen Farben gestrichen. Sein Apartment ist seinem Geschmack und Wünschen entsprechend eingerichtet. Auf dem Couchtisch liegen die Fernsehzeitung und darauf die Fernbedienung. René selbst wirkt ein wenig aufgeregt als wir uns zum Gespräch setzten. Ich erkläre ihm was genau wir nun machen wollen und wir setzen uns in seine großzügige Wohnzimmerecke.
Wir kommen ziemlich schnell auf das Thema Corona und er beginnt sofort zu erzählen, was ihn stört. Er sagt ihm fehlen die Schützenfeste und die Kirmes. René ist eigentlich auf jedem Schützenfest im Umkreis, auf wirklich jedem. Er erfährt, meist von seiner Mutter, wo eins ist und ist bei fast jedem ein bekanntes Gesicht.
Konzerte sind ausgefallen, Karneval fällt aus, Kirmes fällt aus, eigentlich ist René keiner, der lange und viel zuhause ist. Er ist immer unterwegs, mischt sich unter die Leute und ist überall dabei. Er sagt er weiß immer wo was los ist, er würde mit offenen Augen durch die Straßen gehen, Schilder sehen und sich das merken.
Dann wurden auch noch im vergangen Jahr die Werkstätten geschlossen. René sagt für ihn brach seine Welt zusammen, er fühlte sich „scheiße“. Am Anfang war es noch wie Urlaub, aber nach einer Weile fehlte ihm die Tagestruktur. Er sagt, wenn ihm langweilig ist wird er unruhig, er wollte raus! Er ist gerne draußen, gerne unterwegs, er konnte keine Kumpels treffen und nichts unternehmen. Am schlimmsten hat ihn getroffen, dass er seine Mutter nicht besuchen durfte. Normalerweise besucht er sie regelmäßig zuhause und verbringt das Wochenende bei ihr.
René sagt er vermisst das Einkaufen, das frei herumlaufen und hingehen wo man möchte. Lebensmittel besorgen die Mitarbeiter/Innen stellvertretend für ihn, seine Süßigkeiten besorgt ihm seine Mutter, aber er bummelt sehr gerne durch die Straßen und an Geschäften vorbei. Eben immer auf Achse.
Normalerweise hat er einen sehr strukturierten Tag. Er steht auf und frühstückt, dann fährt er selbst zur Arbeit, er arbeitet in Vollzeit, danach geht er spazieren, einkaufen oder trifft Bekannte. Manchmal fährt er auch erst nach Hause, isst was und besucht dann nochmal seinen Freund Josef.
René hat ein eigenes Festnetztelefon, und während wir uns unterhalten klingelt es und sein Freund Josef ruft an. Sie verabreden sich für den Abend. René definiert mir gegenüber seiner Beziehung zu Josef nicht, als ich weiter nachfrage sagt er nur, er sei sein Freund. Aus dem Telefonat und seiner Art wie er über Josef redet hört man raus, dass die beiden einen liebvollen Umgang miteinander haben.
In den Urlaub fahren fehlt ihm auch sehr. Die Abwechslung, andere Menschen, eine andere Gegend und einfach mal weg von Zuhause. Normalerweise fährt er jedes Jahr mehrmals mit der AFbJ in den Urlaub, letztes Jahr hat das aber wegen Corona nur einmal geklappt. Dieses Jahr hat er eine Urlaubsreise mit Fair Reisen geplant, allerdings befürchtet er jetzt schon diese könnte auch abgesagt werden. Da es in Hephata nicht mehr möglich ist als WG zu fahren, bietet die Gruppe eine „Ausflugswoche“ an. Die WG plant gemeinsam, was sie machen möchten und unternehmen dann jeden Tag einen anderen Ausflug. So macht die WG wenigstens ein bisschen was zusammen.
René selbst sagt von sich er versteht nicht so ganz was die Politiker im Fernsehen so zum Thema Corona sagen. Er erhält seine Informationen durch seine Kollegen*Innen, seine Mitarbeiter*Innen und bei der Mieterversammlung, die sie einmal im Monat nach dem gemeinsamen Abendbrot abhalten. Vorher sammeln sie an einem Aushang Themen, die sie besprechen möchten.
Man merkt ihm deutlich an, dass die Einschränkungen durch Corona ihm zusetzten. Bei manchen Antworten wird er lauter und aufbrausender. Er sagt er ist es leid, dass man ihm sagt was er darf und was nicht. Er selbst sagt er kann das Ende von Corona nicht abwarten.

 

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